Für die meisten Syrer ist es die Nachricht des Jahres: Das Assad-Regime ist gestürzt, und Syrien kann endlich wieder Freiheit erleben. Auch in Hamburg wurde dieses historische Ereignis gefeiert. Am Wochenende fand auf der „MS Stubnitz“ ein besonderes Event statt, bei dem zahlreiche Hamburger und Syrer gemeinsam diesen besonderen Moment zelebrierten.
Die Gäste kamen aus unterschiedlichen Hintergründen: Neben glücklichen Syrern waren auch Araber aus anderen Ländern, Kurden, Deutsche und Menschen vieler weiterer Nationalitäten dabei. Was sie alle verband, war die Freude über ein freies Syrien. Einer von ihnen ist Ebon, ein 26-jähriger Syrer aus Damaskus, der seit 2012 in Deutschland lebt. Im Gespräch mit MOIN.DE sprach er über seine Zukunftspläne, seine Sorgen und richtete eine Botschaft an die deutsche Gesellschaft.
Hamburg: Homosexueller Syrer spricht über seine Sorgen
Auf der „MS Stubnitz“ wurde ausgelassen gefeiert, während arabische und internationale Musik das Partyschiff zum Beben brachte. Die besondere Veranstaltung wurde vom Kollektiv Diarfest organisiert und stand allen offen. Auch Ebon freute sich über das Event: „Es ist eine Mischung aus LGBTQ- und Hetero-Event. Das finde ich richtig cool, und genau deshalb bin ich hier“, erzählt der homosexuelle Syrer.
Er teilt die Freude über die Entwicklungen in seinem Land mit Millionen anderer Syrer. „Ich glaube, man fühlt sich ganz gut damit. Das ist eine große Freude für alle syrischen Bürgerinnen und Bürger. Ich glaube, es geht in die richtige Richtung. Alle, die aus Syrien kommen, sagen: Egal, wie schlecht es sein könnte, es bleibt besser als Bashar al-Assad“, erklärt der 26-Jährige.
+++ Hamburg: Warum wir Syrer so ausgelassen auf deutschen Straßen feiern +++
Ob er sich Sorgen macht, dass Islamisten an die Macht kommen und ihre Ideologien allen aufzwingen? Ebon antwortet: „Aktuell ist es beruhigend. Die derzeitige Übergangsregierung wird nach drei Monaten abgelöst, und es kommt eine neue Regierung, die Syrien zu einem Land für alle Religionen macht und Sicherheit gewährleistet.“
Hamburg: Das macht ihm Sorgen
Der Syrer-Deutsche denkt derzeit nicht über eine Rückkehr nach Syrien nach. „Ich bin hier aufgewachsen. Ich habe die Kultur gelernt, ich habe die Sprache gelernt, und ich fühle mich hier wohler. Es bleibt mein zweites Vaterland, wie man so sagt“, berichtet der Rettungssanitäter. Er fühlt sich Deutschland und der deutschen Gesellschaft zugehörig und bedankt sich ausdrücklich bei den „deutschen Bürgern und Bürgerinnen, die uns so warmherzig aufgenommen haben.“
Doch eine Sache bereitet ihm große Sorgen: die zunehmende rassistische Rhetorik in Deutschland nach dem Ende des Syrienkriegs. „Mit den bevorstehenden Bundestagswahlen wächst bei mir und vielen Syrern in Hamburg die Angst, dass die AfD gewinnen könnte, was Zwangsabschiebungen zur Folge haben könnte.“
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In den sozialen Netzwerken häufen sich unzählige Hasskommentare, die Syrer auffordern, in ihre Heimat zurückzukehren. Auch innerhalb der syrischen Community in Hamburg ist das Thema Rückkehr präsent, doch viele warten zunächst auf die nächste Regierung, den Wiederaufbau und eine klare Zukunftsperspektive für das Land.
Gleichzeitig gibt es Menschen, die sich in Deutschland eingelebt haben oder hier aufgewachsen sind – für sie ist eine Rückkehr keine Option, wie die Zahnärztin Sahar und ihre Freundin, die Apothekerin Sadra. Hier mehr lesen!