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EM in Hamburg: Türkische Zuschauer sorgen für Skandal in der Fanzone – Experte mit dringender Warnung

Bei der EM in Hamburg sorgten türkische Zuschauer in der Fanzone für einen Skandal. Ihre Aussagen sind erschreckend. Nun hat ein Experte eine dringende Warnung an sie und die Gesellschaft gerichtet.

EM in Hamburg
© Maen Gesmati

EM in Hamburg: Türkische Zuschauer sorgen für Skandal in der Fanzone

Bei der EM in Hamburg sorgten türkische Zuschauer in der Fanzone für einen Skandal. Ihre Aussagen sind erschreckend. Nun hat ein Experte eine dringende Warnung an sie und die Gesellschaft gerichtet.

Die rassistischen und rechtsextremen Vorfälle bei der Europameisterschaft nehmen kein Ende – so auch bei der EM in Hamburg. Das Achtelfinalspiel zwischen der Türkei und Österreich sorgte für große Wellen. Während einige österreichische Fans rassistische Parolen brüllten und einen Eklat auslösten, sorgte der türkische Nationalspieler Merih Demiral für einen weiteren Skandal in diesem Turnier.

Nach seinem Treffer zum 2:0 gegen Österreich jubelte der türkische Innenverteidiger mit dem Wolfsgruß, wofür ihn die UEFA mit einer Zwei-Spiele-Sperre bestrafte. Die Auswirkungen dieser rechtsextremen Geste sind noch immer spürbar, auch in Hamburg. Denn obwohl der türkische Nationalspieler das Viertelfinale von der Bank aus verfolgen musste, war seine Geste im Berliner Olympiastadion und auf der Fanmeile in Hamburg überall präsent. Viele Fans zeigten das rechtsextreme Symbol nämlich trotzdem. MOIN.DE sprach mit einigen von ihnen. Ein Experte hat für uns die Situation analysiert und gab eine erschreckende Diagnose ab.

EM in Hamburg: Fans sorgen für Skandal

Während des Spiels zeigten viele türkische Fußballfans in der Fanzone auf dem Heiligengeistfeld in Hamburg den Wolfsgruß. Auf die Frage, warum sie dies tun und ob ihnen bewusst ist, dass diese Geste mit Rechtsextremismus und Hass in Verbindung gebracht wird, antwortete eine Zuschauerin: „Nein, das ist kein Rechtsextremismus, sondern ein Symbol des Türkentums. Außerdem ist es ein Zeichen des Sieges.“

Ein anderer Türkei-Anhänger argumentiert: „Der Wolfsgruß ist seit Jahrhunderten ein Symbol der Turkvölker und hat keinen rassistischen Hintergrund. Er soll lediglich den Stolz auf unsere Herkunft ausdrücken“, sagte er gegenüber MOIN.DE. Erschreckend war, wie viele Jugendliche Merih Demiral nachahmten. Denn auch sie glauben, dass diese Geste nichts mit Rassismus zu tun hat.

Doch Experten, wie Prof. Dr. Andreas Zick, Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) an der Universität Bielefeld, sehen das anders. „Sozialpsychologisch betrachtet ist es ein Ausdruck für eine gemeinsame Zugehörigkeit und Identität. Der Wunsch vieler Fans, Symbole und Rituale zu finden, gehört zum Fußball. Doch Der Wolfsgruß ist ein Zeichen übertriebenen Nationalstolzes, den wir nicht möchten. Dass türkische Jugendliche meinen, er wäre ein harmloser Ausdruck türkischer Identität ist, stimmt nicht mit den historischen Fakten überein. Der Wolfsgruß wurde 1992 durch Alparslan Türkeş, einem der Gründer der türkisch-rechtsextremistischen Bewegung (Grauen Wölfe), eingeführt“, erzählt Prof. Dr. Andreas Zick gegenüber MOIN.DE.

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Prof. Dr. Andreas Zick betont, dass wenn der Wolfsgruß gezeigt wird und junge Menschen ihn als harmlos wahrnehmen, dies auf verschiedene Aspekte hinweist. Sie würden ihn falsch einschätzen. Bei einigen wird vielleicht politische und historische Bildung fehlen. Schließlich müssten sich die türkischen Fußballfans auch fragen, warum ausgerechnet dieses extremistische Zeichen verwendet wird, wo es doch genügend andere Symbole und Rituale gibt, um Zugehörigkeit und Identität zu zeigen.

EM in Hamburg
Türkische Jugendliche zeigen den Wolfsgruß beim Zuschauen des EM-Viertelfinals in Hamburg. Foto: Maen Gesmati

EM in Hamburg: Experte mit dringender Warnung

Die Verbreitung des Wolfsgrußes zeige erneut, wie einflussreich nationalistische und teils rechtsextremistische Kräfte auf junge Menschen sein können. „Das hat zugenommen, weil es heute auch mehr Möglichkeiten durch Soziale Medien gibt. Der nationalistische Extremismus ist in der Türkei in die Mitte gerückt und besetzt erfolgreich die Nationalsymbole. Es zeigt sich auch, wie leicht nationalistische Einflüsse aus der Türkei die Einstellungen und Wahrnehmungen von jungen Menschen, die hier leben, beeinflussen können“, so der Experte.

Aber es wäre nun fatal, wieder einfache Erklärungen von Parallelgesellschaften zu bemühen und junge Menschen zu verdächtigen, nicht integriert zu werden. „Das verstärkt Meinungen, die extremistische und nationalistische Kräfte schüren“, fügt Prof. Dr. Andreas Zick zu.

Die Distanz von Politik und Fußball solle eingehalten werden, obwohl Vieles im Fußball Politik sei. „Trotzdem gilt die Regel, dass Fans nicht für Politik und Ideologien instrumentalisiert werden sollten. Der ungebremste und jetzt sogar radikal gezeigte Wolfsgruß, der verharmlost wird, widerspricht der Grundidee von Fanidentitäten. Daher ist die Empörung groß. Wir müssen es nicht übertreiben, aber es wird in Teilen auch als Provokation verstanden, und in Deutschland hat der Fußball viel dafür getan, den Rechtsextremismus zu bekämpfen. Auch das sollten Fans der türkischen Mannschaft verstehen“, rät der Experte den türkischen Fans.

EM in Hamburg: Strafen und Verbote sind dann gut

Die Sportverbände tragen viel Verantwortung, weil „sie öffentlich gefördert werden und sich auf ihren Beitrag zur Förderung des fairen Sports, der demokratischen Gesellschaften sowie Toleranz und Respekt berufen. Fußball soll frei von Extremismus und politischen Ideologien sein – das gilt auch für den deutschen Fußball“, erklärt Prof. Dr. Andreas Zick im Gespräch mit MOIN.DE.

Dass die UEFA auf den Wolfsgruß auf dem Spielfeld mit Verbot reagierte, sehen manche türkische Fans als unfair und übertrieben. Doch der Experte hat eine klare Meinung dazu: „Verbotspolitik alleine reicht nicht. Strafen und Verbote sind dann gut, wenn der Nachweis eine extremistischen Handlung zuverlässig erbracht werden kann. Im Falle des Wolfsgrußes müssen erstmal die einflussreichen Gruppen dahinter ausgemacht werden.“

Die „Grauen Wölfe“ sind eine ultranationalistische, rassistische und gewalttätige Organisation. In Deutschland gilt sie als die größte rechtsextreme Bewegung und hat laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz mehr als 12.000 Anhänger.

EM in Hamburg
EM in Hamburg: Der rechtsextreme Wolfsgruß war präsent in der Fanzone in Hamburg. Foto: Maen Gesmati

Historisch betrachtet hat dieses Zeichen eine problematische Vergangenheit: Einflussreiche rechtsextremistische Bewegungen haben in der Türkei Pogrome gegen Kurden, Aleviten und andere Minderheiten verübt und dabei den Wolfsgruß gezeigt. Vor einigen Tagen kam es in der Stadt Kayseri zu rassistischen Übergriffen auf syrische Geflüchtete. Geschäfte, Autos und Wohnungen von Syrern wurden angezündet, und syrische Flüchtlinge wurden auf der Straße gejagt. Zahlreiche Aufnahmen zeigen, dass die Täter dabei den Wolfsgruß verwendet haben.


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Es ist offensichtlich, dass diese Geste keineswegs harmlos ist, und es ist wichtig, sich davon zu distanzieren. Jugendliche sollten sich mit der Geschichte auseinandersetzen, bevor sie den Nationalspieler nachahmen. Ob der 26-jährige Verteidiger sich dafür entschuldigt, bleibt abzuwarten. Bisher hat er erklärt, dass es lediglich Ausdruck seiner türkischen Identität sei und keine politische Botschaft dahinter stecke.