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Hamburg: Was Menschen hier in ihren Häusern tun, ist gemütlich und tödlich – viele wissen es nicht

Hamburg: Was Menschen hier in ihren Häusern tun, ist gemütlich und tödlich – viele wissen es nicht

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Wohnhäuser am Hafen in Hamburg. Foto: IMAGO / Westend61

Ein schöner Abend im Winter sieht für viele Menschen in Hamburg in etwa so aus: Etwas leckeres zu Essen auf dem Couchtisch, daneben ein Sofa mit Kissen und Decken, es läuft die Lieblingssendung oder Netlix-Serie im TV und ist am besten schön warm im Raum.

Gerade jetzt, wo es gefühlt seit Wochen durchgängig regnet und zudem kalt ist, kommt da richtig kuschelige Stimmung auf. Wer sich in der ersten Bundesliga der Romantik bewegt, hat zudem etwas ganz Besonderes in seinem Wohnzimmer in Hamburg stehen: Einen Kaminofen, befeuert mit Holz.

Hamburg: Gefährliche Gemütlichkeit

Wer stolzer Besitzer eines solchen Exemplares ist, der will sich diesen Spaß in der Regel durch niemanden kaputtmachen lassen. Zu schön ist die muckelige Wärme, zu nett anzusehen das knisternde Holz in den lodernden Flammen. Kaum einer weiß, dass sich hinter der Gemütlichkeit eine Gefahr verbirgt, die im schlimmsten Fall sogar tödlich sein kann.

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Wer Kaminofenbesitzer darauf hinweist, wird gerne mal als junger, grüner Öko-Rebell verschmäht. „Du übertreibst“, „das kann doch nicht wahr sein“, „wir haben den nur ganz selten an“, „was will man uns denn noch alles verbieten“, „wir haben einen Emissionsfilter dafür“, „aber es ist doch so gemütlich“. „Kaminöfen haben auf Twitter ein fast genau so großes Aufregungspotenzial wie die Kinderimpfung“, schreibt der taz-Journalist Malte Kreutzfeld.

Andere hingegen zeigen sich verständnisvoll und lassen den Ofen kalt. Sie schmücken ihn stattdessen zum Beispiel mit Blumen oder Kerzen.

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Wirklich übel nehmen kann man den Kaminofen-Fans ihr Handeln nicht unbedingt. Der Staat unterstützt das Verfeuern von Holz seit langer Zeit, stellt es gar als klimafreundlich dar. Viel zu wenig ist dementsprechend im allgemeinen Bewusstsein verankert, was das Verbrennen von Holz eigentlich für große Probleme mit sich bringt. Die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) fasst beispielweise in einem Positionspapier zusammen:

„Die Verbrennung fossiler Energien und von Holz befördert nicht nur die Erderwärmung, sondern führt auch zu schlechter Luftqualität. Feinstaub, Stickoxide, Ozon, Ruß, Quecksilber etc. führen zu vorzeitigen Todesfällen, einer Zunahme von Herz-Kreislauferkrankugen, Atemwegs- und Krebserkrankungen.“

Feinstaub, Stickoxide? Eigentlich Schadstoffe, die man eher dem Autoverkehr zuschreibt. Tatsächlich ist der in Städten wie Hamburg teilweise eine große Belastung für Anwohner, Grenzwerte werden überschritten. Aber eben auch dort, wo es viele Holzöfen gibt, ist die eigene Gesundheit gefährdet. Und das Klima ebenso, denn es geht viel wichtiger Wald dabei drauf, der lange braucht, um nachzuwachsen.

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Daten und Fakten über Hamburg:

  • Hamburg ist als Stadtstaat ein Land der Bundesrepublik Deutschland.
  • Hamburg ist mit rund 1,9 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Deutschlands und die drittgrößte im deutschen Sprachraum.
  • Das Stadtgebiet ist in sieben Bezirke und 104 Stadtteile gegliedert, darunter mit dem Stadtteil Neuwerk eine in der Nordsee gelegene Inselgruppe.
  • Der Hamburger Hafen zählt zu den größten Umschlaghäfen weltweit.
  • Die Speicherstadt und das benachbarte Kontorhausviertel sind seit 2015 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes
  • International bekannt sind auch das Vergnügungsviertel St. Pauli mit der Reeperbahn sowie das 2017 eröffnete Konzerthaus Elbphilharmonie.

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Hamburg: Keine Kaminöfen mehr?

Der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner, hält die aktuellen Feinstaub-Grenzwerte pikanterweise für veraltet und zu hoch, wie er jetzt mitteilte. Um die Luft zu verbessern, schlägt Messner sogar einen Abschied vom Heizen mit Holz in Haushalten vor. Die Feinstaubbelastung werde durch Holz stärker vorangetrieben als durch Autos. „Aus Luftqualitätsperspektive richten wir hier viel Schaden an.“

Die Zahl der vorzeitigen Todesfälle wegen dauerhafter Belastung mit Feinstaub bezifferte das Amt unter Berufung auf die Europäische Umweltagentur auf 53.800 in Deutschland im Jahr 2019. „Das ist eine beachtliche Größenordnung“, sagte Messner. Trotzdem habe sich die Luftqualität in Deutschland in den vergangenen Jahren verbessert.

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Allerdings könnten diese kleinen Erfolge auch wieder verspielt werden. So teilt Waldreferntin Jana Ballenthien von der Umweltschutzorganisation Robin Wood aus Hamburg auf Anfrage von MOIN.DE mit:

„Der Absatz von holzbasierten Biomasseheizungen im Zuge energetischer Modernisierungen boomt derzeit massiv (+41% im Jahresvergleich) und wird auch von den meisten Energie-Agenturen und -Beratungen empfohlen. Dieser Trend darf sich nicht verstetigen. Wärme aus Holz kann nur als Nischenlösung nachhaltig sein/bleiben.“

Wenn zusätzlich ein auch nur relativ geringer Anteil der vielen Menschen, die heute einen Öl- oder Gaskessel im Keller stehen haben, auf (moderne) Holzverbrennung umstelle, würde sich der Heizholzbedarf vervielfachen. Dieser Bedarf könne nicht durch Holz aus Deutschland gedeckt werden. „Also würden wir Entwaldung importieren.“

Luftqualität in Hamburg unter den Grenzwerten

Besonders in Wohnsiedlungen, in denen viele Einfamilienhäuser stehen, steigen die Messwerte der Feinstaubbelastung in den Abendstunden stark an. Emissionsfilter an den Kaminanlagen sind nur eine kleine Verbesserung. Wer vor die Tür tritt, der sieht Schornsteine qualmen, nimmt den unangenehmen Rußgeruch in der Nase wahr. Fenster und Türen sollte man lieber geschlossen halten.

https://twitter.com/HolgerGelhausen/status/1306341208139202561?ref_src=twsrc%5Etfw

Das Problem ist von Wohnort zu Wohnort verschieden. In Hamburg halten sich die Ausmaße glücklicherweise in Grenzen. Von der Umweltbehörde heißt es auf Anfrage von MOIN.DE, es gebe keine Auffälligkeiten bei der Feinstaubbelastung, deren Grenzwerte der Bundesamt-Chef ja für zu hoch hält:

„Zwar lässt sich im winterlichen stündlichen Tagesgang ein leichter Anstieg (um ca. 2 µg/m³) für die ganze Nacht beobachten, jedoch lassen sich hierfür keine eindeutigen Ursachen erkennen. Denn gerade in den Wintermonaten liegt nachts oft eine stabile Luft-Schichtung vor.“

Insgesamt hätten in den letzten fünf Jahren in Hamburg keine Überschreitungen der Feinstaubgrenzwerte (PM10 und PM2,5) vorgelegen, weder bei den Kurzzeit- noch bei den Langzeit-Grenzwerten.

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Hamburg: Behörde hält an Kaminöfen fest

Laut der von Jens Kerstan (Grüne) geführten Behörde sei die Nutzung von Kaminöfen in Hamburg nicht sehr verbreitet und spiele „damit für die Hamburger Luftreinhaltung eine eher untergeordnete Rolle. Die Umweltbehörde vertritt deshalb auch nicht die Auffassung, dass in Hamburg Kamine grundsätzlich kalt bleiben sollten.“

Trotz aller Warnungen und Kritik am Holz als Heizkörper teilt ein Sprecher der Behörde mit: „Der Einsatz von erneuerbaren Energien ist in Hamburg ein wichtiger Baustein für den Klimaschutz und die Ressourcenschonung. Dazu zählt auch die Biomasse wie Holz.“

Im Hamburgischen Klimaschutzgesetz sei der Einsatz von fester Biomasse wie naturbelassenem stückigen Holz im Rahmen der Erfüllung der Nutzungspflicht als erneuerbare Energie entsprechend verankert. Dazu zähle unter bestimmten Bedingungen auch die Nutzung von Kaminöfen.

Hamburg: Robin Wood will Kaminöfen nicht verteufeln

„Holz zu verbrennen, ist nicht klimaneutral. Dabei ist es egal, ob es sich um kleinskalige oder großindustrielle Verbrennung handelt. Ressourcen für Wärme oder Elektrizität zu verbrennen, ist einfach keine zukunftsweisende Technologie“, sagt Jana Ballenthien von Robin Wood.

Die Umweltbehörde verweist auf die Holzqualität und den Mindestwirkungsgrad. „So kann die Wärmeerzeugung in den Kaminen verantwortungsvoll, möglichst schadstoff- und emissionsarm sowie mit einem möglichst hohen Wirkungsgrad erfolgen.“

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Dem kann auch die Robin-Wood-Referntin etwas abgewinnen: „Kleine Pelletöfen können sehr effizient gesteuert werden und es gibt mittlerweile sogar Scheitholz-Kamine mit Blauer-Engel-Siegel, die bezüglich Rauchgase und Feinstaub relativ sauber verbrennen. Trotzdem ist die Masse der derzeitigen privaten Verbrenner ein großes Problem bezüglich Feinstaub.“

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Sie findet, private Holzwärme solle nicht verteufelt werden, aber auch keine Subventionen mehr erhalten. „Wichtiger ist es unseren Erachtens, gegen die Entwicklung vorzugehen, Kohlekraftwerke auf Holzverbrennung umzurüsten. Nur mal zum Vergleich. Alleine das Kraftwerk Wilhelmshaven würde insgesamt knapp 3 Millionen Tonnen Pellets verbrennen. So viele wie alle privaten Feuerungsanlagen in Deutschland insgesamt.“

Von Angriffen auf Besitzer von Kaminöfen, wie sie Jörg Kachelmann immer wieder gerne fährt, hält Jana Ballenthien nichts: „Seinen Stil, den permanenten Angriff auf Privatofenbesitzende, können wir so auf keinen Fall mittragen. Denn die verzögerte Energie- und Wärmewende ist ein strukturelles Problem, hier sind vor allem Wirtschaft und Politik gefordert.“