Seit zehn Monaten sind die Bühnen leer, die Zuschauerränge wie ausgestorben und die Saaltüren verschlossen. Wie viele andere Veranstaltungsbetriebe leiden auch die Musicals in Hamburg unter der anhaltenden Corona-Pandemie und den Beschränkungen des Lockdowns.
Am 20. März verklang der letzte Applaus auf den Musical-Bühnen in Hamburg. Nirgendwo in der Hansestadt oder an anderen Spielstätten durfte mehr ein Theater öffnen.
Hamburg: „König der Löwen“ und „Pretty Woman“ fallen bis auf Weiteres aus
Bei dem Veranstalter Stage Entertainment sind 95 Prozent der 1.500 Mitarbeiter seit der Schließung in Kurzarbeit, bestätigt Sprecher Stephan Jaeckel gegenüber MOIN.DE.
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Einer von ihnen ist Carl van Wegberg. „Am 12. März hatten wir noch unsere letzte Vorstellung. Am 13. März wurden wir dann alle ins Theater gerufen und haben erfahren, dass die Vorstellungen nicht mehr stattfinden und wir alle in Kurzarbeit gehen. Damals dachten wir noch, dass das nur für fünf Wochen gilt. Dass es jetzt schon zehn Monate sind, das hätten wir natürlich nicht erwartet“, sagt der „Pretty Woman“-Darsteller.
Zunächst hätten sich viele über die Pause gefreut. Die Zeit habe gutgetan, um sich auszuruhen, da die acht Shows pro Woche harte Arbeit seien. „Aber irgendwann will man dann auch einfach wieder arbeiten“, sagt er gegenüber MOIN.DE. Einige Kollegen seien bereits zurück in ihre Heimat gegangen, in die Niederlande, nach England oder nach Berlin. „Irgendwann fängt es dann doch an zu knarren. Ein paar Tage Netflix schauen ist schön, aber irgendwann langweilt das auch.“
Hamburg: Zukunft der Musicals ungewiss
„Es ist ungewiss im Moment, wie es weitergeht. Vor allem bei den großen Theatern wie Stage Entertainment. Die brauchen einen bestimmten Umsatz, um arbeiten zu können, sonst lohnt es sich überhaupt nicht“, sagt Carl van Wegberg.
Das bestätigt auch Stage-Sprecher Stephan Jaeckel: „Es ist im Moment wahnsinnig schwer vorherzusagen, wann genau es behördlicherseits wieder losgehen kann. Wir brauchen zudem eine Vorlaufzeit von ca. zwei Monaten bis zum Vollbetrieb, und wir müssen in die Lage versetzt sein, wirtschaftlich spielen zu können, sprich: es müssen genug Besucher zugelassen werden, denn wir erhalten ja keinerlei Subventionen.“
Derzeit rechnet das Unternehmen damit, erst nach Ostern mit den ersten Öffnungen beginnen zu können. Den Anfang soll dann „Pretty Woman“ im Stage Theater an der Elbe machen. Ein entsprechendes Hygienekonzept sei bereits vor längerer Zeit ausgearbeitet und von den Behörden abgesegnet worden. „Darauf können wir zurück greifen, wenn dann der Startschuss fällt.“
Große Musical-Pläne für die Hansestadt
Trotz der unsicheren Lage gibt es bereits große Pläne für die Saison: „Wir sehnen den Moment herbei, dass alle unsere Theater in Deutschland endlich wieder öffnen dürfen und bereiten uns intensiv darauf vor“, heißt es bei Stage. Insgesamt sollen in Hamburg drei neue Produktionen ins Programm aufgenommen werden. Neben einer Neuinszenierung von „Wicked“ in der Neuen Flora und der Premiere von „Hamilton“ im Operettenhaus, zieht das Disney-Musical „Die Eiskönigin“ ins Theater an der Elbe. Am 2. Dezember steht zudem ein besonderes Ereignis in Hamburg an. Dann feiert „König der Löwen“ seinen 20. Geburtstag in der Hansestadt.
Ob die Musicals bis dahin ohne weitere Verluste über die Runden kommen? Ende des vergangenen Jahres hatte Stage bekannt gegeben, dass knapp 100 von 300 Stellen in der Verwaltung gestrichen werden, um so die dauerhaft laufenden Kosten zu senken.
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Veranstalter fordern mehr Unterstützung
Einen dringenden Appell richten die Veranstalter an die Politik: „Bislang haben wir jenseits des Kurzarbeitergeldes keinerlei nennenswerte Unterstützung erhalten, weil wir bei den verschiedenen Töpfen an den unterschiedlichsten Stellen durchs Raster fallen.“ Die Musicals würden einen großen Betrag an Umwegrendite in die Kassen der Tourismuswirtschaft und der Kommunen spülen, heißt es.
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„Von unserer Bedeutung als kultureller und kreativer Impulsgeber ganz zu schweigen. Deutschland ist der drittgrößte Musicalmarkt der Welt. Und das bislang gänzlich ohne jede staatliche Unterstützung. Da erhoffen wir uns jetzt dringend mehr Solidarität.“ Um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, hat sich Stage im vergangen Jahr auch gemeinsam mit anderen betroffenen Kultur- und Veranstaltungsbetrieben an der Initiative „AlarmstufeRot“ beteiligt. Dabei haben die Spielstätten ihre Häuser rot ausgestrahlt um auf die prekäre Situation in der Branche aufmerksam zu machen.