Nach ziemlich genau zwei Jahren Pandemie gibt es noch immer keine Aussicht auf ein Leben wie in den Jahren davor. Das betrifft auch die Kreuzfahrt-Industrie und Unternehmen wie „Mein Schiff“ und Aida.
Nicht nur die Menschen, sondern auch die Firmen leider darunter. Darüber hat Schiffstester Matthias Morr jetzt auf seinem Youtube-Kanal mit Kreuzfahrt-Experte und Wirtschaftsberater Thomas P. Illes gesprochen. Es geht um die Zukunft der Branche und Unternehmen wie „Mein Schiff“ und Aida.
„Mein Schiff“ und Aida nur mit geringer Auslastung unterwegs
Das wohl allergrößte Problem der Reedereien seit Anfang 2020: Wenn sie überhaupt fahren können, dann nur unter geringerer Auslastung. Das schlägt sich natürlich auf die Profitabilität nieder.
„Viel mehr als 70 Prozent Auslastung gab es zwei Jahre lang nicht“, sagt Schiffstester Matthias Morr. „Oft auch nur deutlich weniger und sogar nur 20 Prozent.“ Sowohl die Aida als auch „Mein Schiff“ können davon ein Lied singen.
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Daten und Fakten zu Aida:
- Aida ging aus der „Deutsche Seereederei“ hervor, einem volkseigenen Betrieb im Feriendienst der DDR
- Nach der Wende beschloss das Unternehmen, Kreuzfahrtschiffe nach amerikanischem Vorbild zu bauen
- Damit sollte das Prinzip eines Cluburlaubs auf die Kreuzfahrtreise übertragen werden
- 1996 ging das erste Aida-Clubschiff auf Reise, derzeit (Stand 2022) besteht die Flotte aus 14 Schiffen
- 15.000 Menschen aus 50 Ländern arbeiten für Aida, davon 13.500 an Bord der Schiffe
- Der Firmensitz von Aida ist in Rostock, die Reederei hat ihren Sitz in Hamburg
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Die ehrgeizigen Kreuzfahrer, die dort in den letzten zwei Jahren unterwegs waren, hätten sich zudem daran gewöhnt, dass es an Deck nicht mehr so voll sei. „Das ist aus Reederei-Sicht nicht so günstig, wenn sich die Gäste jetzt daran gewöhnen, dass man nicht mehr Schlange steht“, meint der Schiffstester.
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Denn sollte man eines Tages wieder zur Normalität zurückkehren, könnten die Reedereien ihren Passagieren eine so entspannte Reise überhaupt nicht mehr bieten – weil sie ihre Dampfer wieder so gut wie möglich auslasten müssten. Und auf Trubel und dichtes Gedränge haben viele Menschen dann vielleicht gar keine Lust mehr.
„Mein Schiff“ und Aida werden laut Experten teurer
Kreuzfahrt-Experte Thomas P. Illes stimmt Matthias Morr im Interview zu und spricht ein anderes Thema an: die Preise. „Ich bin davon überzeugt, dass die Preise langfristig steigen werden“, sagt er. Düstere Aussichten also für Urlauber, bei denen das Geld nicht so locker sitzt.
Wegen der großen Verunsicherung müssen die Firmen um jeden Gast kämpfen. Da kommt es natürlich nicht so gut, wenn man den Fahrpreis für eine Kreuzfahrt erhöht, vermeiden lässt sich das aber wohl nicht.
Zudem hätten sich Kunden an die verhältnismäßig günstigen Angebote gewöhnt. Teilweise sind richtige Schnäppchen zu haben, weil die Reedereien die Urlauber auf ihre Schiffe locken wollen.
Die Industrie steckt also in einem Dilemma: Preise hochhalten und weniger Gäste haben, oder geringere Preise ansetzen und dafür mehr Passagiere begrüßen. Und noch eine weitere Tatsache erhöht den Preisdruck laut des Experten: Reedereien haben „unglaublich hohe Kosten“.
„Mein Schiff“ und Aida müssen stillstehende Schiffe unterhalten
Kreuzfahrt-Dampfer könne man eben nicht in der Wüste parken wie Flugzeuge, die dort einen minimalen Wartungsaufwand haben. „Schiffe müssen unterhalten werden, eine gewisse Besatzung an Bord haben – und auch ohne Gäste regelmäßig fahren, damit das Schiff funktionsfähig bleibt.“
In den vergangenen zwei Jahren standen reihenweise Dampfer still, teilweise für viele Monate. Auch jetzt haben noch nicht alle Unternehmen ihre gesamte Flotte wieder ins Rennen schicken können.
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Das alles hat man so 2019 nicht kommen sehen. Die Branche war völlig erfolgsverwöhnt. Die Aida beispielweise ließ mit der Cosma einen neuen Kreuzfahrt-Giganten bauen. In diesem Jahr werden die Schiffe der Flotte mehr Kapazität haben als vor zwei Jahren – dafür müssen aber überhaupt erst mal wieder genug Kunden kommen (können).
„Mein Schiff“ und Aida: Zukunft ungewiss
„Die moderneren Schiffe sind nicht dafür ausgelegt, um mit geringerer Auslastung zu fahren. Aber sie haben den Vorteil, auch mit 60-70 Prozent noch profitabel zu sein. Sie sind so effizient, dass es funktioniert“, so Experte Thomas P. Illes.
Darauf hätten die Kapitalgebermärkte aber natürlich nicht gehofft. Sondern darauf, dass die Riesenschiffe mit 90-100 Prozent Auslastung fahren und möglichst viel Geld einholen. Die Geldgeber müssen sich mit großer Wahrscheinlichkeit in Zukunft mit weniger Rendite zufrieden geben.
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Wie es finanziell und strukturell langfristig für die Unternehmen weitergeht, kann nach wie vor niemand sagen. Nur eines ist laut Thomas P. Illes sicher: „Es wird noch dauern. Wir wissen nicht, wie sich die Pandemie entwickelt. Wenn uns die Pandemie was gelehrt hat, dann immer bereit sein für Überraschungen.“