Norderney: Bei dem Wort „Großprojekt“ in Verbindung mit einer Insel vor der deutschen Küste dürften sich bei vielen die Nackenhaare aufstellen. Zu oft gibt es Vorhaben, die auf großen Widerstand stoßen.
Oft sind es Hotels oder andere Bettenburgen, die Einwohner in beliebten Urlaubsorten verärgern. Manchmal stellen sich gleich ganze Gemeinden quer (so wie >>>hier). Auf Norderney ist nun der Startschuss für ein Mega-Projekt der etwas anderen Art gefallen.
Bohrungen auf Norderney
Mit einem symbolischen Spatenstich hat der Netzbetreiber Amprion auf Norderney am Montag (18. Juli) mit den Bauarbeiten für zwei Offshore-Netzanbindungen vor der ostfriesischen Küste begonnen.
Das ist Norderney:
- Norderney ist eine der ostfriesischen Inseln und liegt in der Nordsee
- Es ist nach Borkum die zweitgrößte Insel dieser Inselgruppe
- Die Insel hat eine Fläche von 26,29 Quadratkilometern
- Norderney ist eine Düneninsel, die mit der Zeit aus von der Meeresströmung angespültem Sand gewachsen ist
Die Stromleitungen der Netzanbindungssysteme Dolwin4 und Borwin4 sollen ab 2028 und 2029 Energie von Windparks auf der Nordsee zu den Netzen am Festland transportieren, wie der Netzbereiter am Montag (18. Juli) mitteilte.
Die Kabel sollen auch unter der Insel Norderney verlaufen. Dafür nimmt Amprion in den kommenden zehn Wochen vier Horizontalbohrungen vor, mit denen die Insel unterquert werden soll.
Norderney: Planer geben sich optimistisch
Es sei das erste Mal, dass innerhalb des nur zwei Monate langen Bauzeitenfensters im Sommer vier Bohrungen abgeschlossen werden könnten, sagte der Geschäftsführer von Amprion Offshore, Carsten Lehmköster. „Das ist ein Beispiel, wie man Projekte beschleunigen kann und gleichzeitig aber auch den Eingriff in den Nationalpark hier auf der Insel minimieren kann.“
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Bereits im Winter hatte Amprion begonnen, Materialien für die Bauarbeiten auf die Insel zu transportieren, um die touristische Hochsaison und die Vogelbrutzeit für den Bauverkehr auf der Insel zu umgehen.
Es geht drunter und drüber auf Norderney
Die Kabel liegen weitgehend parallel: Von den Nordsee-Windparks aus verlaufen sie zunächst 60 beziehungsweise 125 Kilometer auf See. Weitere rund 155 Kilometer werden dann als Erdkabel von der Küste in Richtung der Umspannanlage Hanekenfähr bei Lingen verlegt. Insgesamt sollen die beiden Anbindungssysteme eine Leistung bis zu 1,8 Gigawatt transportieren.
Der technische Geschäftsführer von Amprion, Hendrik Neumann, sagte, nach dem Ausstieg aus der Atomkraft und der Kohleenergie würden erneuerbare Energien vor allem in den Industriezentren in Nordrhein-Westfalen benötigt. „Dafür genau braucht es die Windkraft an der Nordsee, und es braucht auch die Lebensadern, die Leitungen, um diesen Strom zu transportieren.“ Amprion will bis 2026 insgesamt rund 12 Milliarden Euro für Netzausbau-Maßnahmen investieren. (mit dpa)