Angefangen hat alles im Jahr 2023 mit einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zu Preiserhöhungen. Der Tenor damals: Sparkasse, Volksbank, Postbank & Co. dürfen die Kontoführungsgebühren nur mit Zustimmung ihrer Kunden erhöhen. Viele Institute erstatteten damals – meist nur widerwillig und auf Antrag – zu viel kassiertes Geld.
Inzwischen zieht das Urteil weite Kreise – auch in ganz anderen Bereichen des täglichen Lebens. Denn so wie seinerzeit Banken ihre Gebühren nach Belieben erhöhten, schraubten auch Online-Gigant Amazon und der Streaming-Dienst DAZN an ihren Preisen. Bei beiden Unternehmen zeichnet sich jetzt ab, dass den Kunden auch hier womöglich zu Unrecht in die Tasche gegriffen wurde.
Amazon bat Kunden ohne Zustimmung zur Kasse
Millionen Amazon-Kunden erhielten im Sommer 2022 eine Ankündigung des Internet-Konzerns über eine Preiserhöhung ihrer Prime-Mitgliedschaft zum 15. September. Bei monatlicher Zahlung kostet Amazon Prime seither 8,99 Euro statt 7,99 Euro (+12,5 Prozent). Bei der jährlichen Mitgliedschaft werden 89,90 statt 69 Euro fällig (+30,3 Prozent). Die Verbraucherzentrale NRW ging gegen diese Preiserhöhung juristisch vor.
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„Das Landgericht Düsseldorf teilt unsere Auffassung und hat die Preisanpassungsklausel für unwirksam erklärt“, sagte jetzt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. „Damit ist die Preiserhöhung ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden unzulässig.“
Verbraucherzentrale plant Sammelklage
Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Amazon kann noch in Berufung gehen. Für den bekannten Verbraucherschützer Ron Perduss ist die Sache jedoch schon weitgehend klar. Allen Betroffenen gibt es eine klare Ansage mit auf den Weg: „Amazon Prime schuldet dir bares Geld.“ Einzelheiten erläutert er in dem Video aus unserer Reihe „DER WESTEN klärt auf„. Es ist hier im Artikel eingebettet.
Mit Blick auf das BGH-Urteil zu den Bankgebühren stehen die Chancen gut, dass Ron Perduss recht hat. Für Amazon könnte es aufgrund der hohen Anzahl an Prime-Kunden um Erstattungen in dreistelliger Millionenhöhe gehen. Falls Amazon nicht von sich aus eine Erstattung vornimmt, will die Verbraucherzentrale NRW eine sogenannte Abhilfeklage – salopp gesagt: eine Sammelklage – gegen Amazon starteten. Prime-Kunden müssten dann nicht selbst gegen Amazon vorgehen, sondern erhielten ihr Geld automatisch zurück.
Amazon kein Einzelfall: DAZN erhöhte Preise mehrfach
Ähnliches wie bei Amazon passiert gerade auch in Bezug auf DAZN. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat gegen den Streamingdienst eine Sammelklage wegen angeblich unzulässiger Preiserhöhungen eingereicht. DAZN, das zum Beispiel Bundesliga und Champions League überträgt, hatte in den Jahren 2021 und 2022 die Preise in laufenden Verträgen ohne Zustimmung der Nutzer erhöht. Bei jährlicher Einmalzahlung erhöhte sich der Preis zunächst von 119,99 auf 149,99 Euro.
Zum 1. August 2022 stieg der Preis für Bestandskunden erneut deutlich: von monatlich 14,99 auf 29,99 Euro und bei Einmalzahlung von 149,99 auf 274,99 Euro pro Jahr.
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Das sei unzulässig gewesen, erklärt der vzbv. Das Oberlandesgericht München hatte im Oktober 2024 in einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklageverfahren die Preisanpassungsklausel in den Nutzungsbedingungen von DAZN, wie sie im Februar 2022 im Internet abrufbar waren, für unwirksam beurteilt und die Verwendung untersagt. Das Urteil ist – wie bei Amazon – noch nicht rechtskräftig.
Betroffene können sich aber bereits der Sammelklage anschließen und bei Erfolg zu viel gezahltes Geld zurückerhalten. Sie müssen sich dafür ins Klageregister beim Bundesamt für Justiz eintragen.
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Ron Perduss (mehr als 325.000 Follower auf Social Media) zählt zu den gefragtesten Experten für Finanz- und Verbraucherthemen in Deutschland. In unserer Video-Reihe „DER WESTEN klärt auf“ verrät dir der ausgebildete Bankkaufmann und mehrfach ausgezeichnete Journalist, wie du Geld sparst, zu deinem Recht kommst, deine Gesundheit schützt oder üblen Tricks und Täuschungen aus dem Weg gehst. Ob beim Online-Shopping, auf dem Kreuzfahrt-Schiff, im Urlaubshotel, im Supermarkt oder eben auch im Umgang mit Amazon, DAZN & Co.