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„Die Demokratie ist veraltet“ – Wie sich Gen Z vom System entfernt

Gen Z unter Beschuss: Faul, weich und realitätsfern? Ältere schimpfen über die Jugend – doch was sagt die Wissenschaft? Eine neue Studie deckt auf, wie fleißig die 16- bis 25-Jährigen wirklich sind.

Sind junge Menschen wirklich fauler? Die neue Jugendtrendstudie 2025 des Instituts für Generationenforschung geht dem Vorurteil über die Generation Z auf den Grund. Studienleiter Dr. Rüdiger Maas erklärt, was wirklich dran ist.
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Die Generation Z (kurz Gen Z) ist fauler und weinerlicher als die älteren Generationen – finden zumindest die älteren Generationen. Die Jugendtrendstudie 2025 des Instituts für Generationenforschung hat nun ermittelt, ob das wirklich stimmt.

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Unsere Redaktion spricht mit Studienleiter Dr. Rüdiger Maas über die Ergebnisse der Studie zu den 16- bis 25-Jährigen.

Gen Z unter Beschuss: Faul, weich und realitätsfern?

Redaktion: Ein Vorurteil, das der Gen Z immer wieder entgegenschlägt, ist, dass sie faul und arbeitsscheu seien. Die Studie zeigt aber, dass die Jungen nicht die einzigen sind, die eine 40-Stunden-Woche für zu viel halten. Gen Z hält 38 Wochenstunden für angemessen, bei den Babyboomern sind es 39 Stunden. Also nur eine Stunde mehr. Generation X (ca. 1965 – 1980) und Y (ca. 1981 – 1996) halten hingegen nur 37 Wochenstunden für angemessen. Ist dieses Vorurteil in dem Kontext dann überhaupt noch valide?

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Maas: Ja und Nein. Wir sind alle gesamtgesellschaftlich fauler geworden. Wir können nicht sagen, die Generation ist fleißig und die andere nicht. Wenn wir die heutigen 20-Jährigen mit 20-Jährigen von vor 20 Jahren vergleichen, dann könnte man sagen, dass die Jüngeren heute weniger fleißig sind als die damals. Damals musste man das aber auch so sein, ob die damalige Jugend auch so engagiert gewesen wäre, wenn sie es nicht hätte sein müssen, wissen wir nicht.

Früher musste man fleißig sein – und heute?

Redaktion: Was ist denn der Unterschied zwischen 2005 und 2025? Liegt der Unterschied darin, dass der Arbeitsmarkt damals ein anderer war?

Maas: Ja, aber es sind mehrere Dinge. Wir haben heute mehr Menschen mit Abitur, es ist leichter zu studieren und es gibt weniger Pflichtveranstaltungen wie die Wehrpflicht und dergleichen. Man kriegt leichter einen Job und dadurch wirkt alles ein Stück entwerteter, als es damals der Fall war. Wenn die Älteren aber sagen, die Jüngeren seien zu faul, dann fehlt schlicht der Referenzpunkt, weil die beispielsweise 50-Jährigen heute auch fauler sind als die 50-Jährigen von vor 20 Jahren.

Dennoch denken über 80 Prozent der Menschen, dass die Gen Z faul sei. Das wirkt dann wie eine selbsterfüllende Prophezeiung. Wenn eh schon jeder denkt, dass ich faul bin, dann habe ich kaum Chancen zu beweisen, dass ich extrem fleißig bin, weil ich viel mehr machen müsste, damit das überhaupt sichtbar wird.

Gleichzeitig ist das alles natürlich neu. Das hat es so in der Geschichte der Menschheit nie gegeben, dass 20-Jährige in einen Betrieb kommen und genau das Gleiche einfordern können wie 50-Jährige. Früher gab es eine gefühlte Hierarchie, wo Dinge von den Menschen eingefordert werden durften, die auch schon lange in ihrem Betrieb gearbeitet haben. Die Jungen mussten erst mal ranklotzen und mehr machen als die Älteren. Das sehen die Jüngeren heute eben nicht mehr so.

Warum die Gen Z ganz anders tickt

Redaktion: Trotz der besseren Chancen in der Arbeitswelt zeigt die Studie einen großen Pessimismus der jungen Menschen. Ihre Sorge ist, sie könnten sich ohnehin kein Eigenheim leisten und würden keine Rente sehen, wieso sollten sie also übermäßig arbeiten. Ist das berechtigt?

Maas: Beim eigenen Haus ist es tatsächlich so, dass es schwerer ist, das zu erreichen. Aber da haben sich auch die Ansprüche verändert, die Jugend will zum Beispiel lieber in München-Mitte wohnen als im Münchner Umland. Außerdem werden viele von ihnen auch Häuser erben.

Das ist ja das, was die Jungen gar nicht mehr wollen. Lange in einem Arbeitsplatz bleiben, sich das Langfristige zu erarbeiten und dann eben auch verzichten. Aber was wir sehen, ist ein negatives Zukunftsbild, und das haben die Jungen von den Älteren, die ihnen das täglich vorleben.

„Deutschland geht bergab, früher gab es mehr Schnee als heute und so weiter.“ Das hören die Jungen permanent. Also alles negative Dinge, abgesehen davon, dass man sich den Arbeitsplatz aussuchen kann. Dadurch wird dieser unbewusst entwertet.

So, dass man daran gar nicht festhält und argumentiert: „Ich will mich ja nicht kaputtarbeiten“, wie meine Eltern und Großeltern. Die Boomer sind in den Arbeitsmarkt gekommen und waren richtig stolz, einen Arbeitsplatz zu bekommen, weil sie so viele waren. Die haben sich teilweise mit Freude kaputtgearbeitet.

„Diese Regierung wurde nicht von jungen Menschen gewählt“

Redaktion: Verstärkt Social Media den Effekt, dass der eigene Arbeitsplatz negativ gesehen wird?

Maas: Social Media verstärkt den Druck und trägt dazu bei, dass die Jüngeren sich schlechter fühlen. Sie sehen dort die Vergleiche, was alle anderen sich leisten können und was die gerade machen. Das sind Dinge, die die Boomer in dem Alter nicht hatten. Da hat sich viel verändert – zu Ungunsten der Psyche oder der Lebensfreude von jungen Menschen.

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Redaktion: Diese Unzufriedenheit ist dann auch im Wahlverhalten zu sehen. Laut ihrer Studie sind über 66 Prozent der Gen Z unzufrieden mit den Ergebnissen der Bundestagswahl. Viele fühlen sich nicht richtig vertreten, ist das denn berechtigt?

Maas: Aus der Sicht der Jüngeren auf jeden Fall. Jetzt ist jemand in der Regierung, der gar nicht gewählt worden ist von jungen Leuten, sondern von alten. Die Regierung hat die jungen Menschen auch gar nicht auf dem Schirm. Es gibt noch kein tolles Rentenkonzept, sondern erstmal die 500 Milliarden, die kaum in Richtung der Jugend „verwendet“ werden. Da ist nicht viel dabei, bei dem die Jungen sagen: „Das ist gut für unsere Welt.“ Deswegen kann man das schon nachvollziehen.

Die jetzige Regierung haben ja eher die über 70-Jährigen gewählt. Durch Friedrich Merz als Kanzler fühlen sich über die Hälfte der Gen Z noch unwohler und noch zukunftsängstlicher als davor.

Eine Generation rechnet ab

Redaktion: Wie sehr steht denn die Gen Z noch hinter der Demokratie und hinter dem deutschen Staat?

Maas: Bei der Wehrpflicht beispielsweise ist ganz spannend, dass AfD-Wähler die gerne hätten, aber selbst nicht unbedingt einen Wehr- oder Gesellschaftsdienst machen würden. Knapp die Hälfte würde verweigern, also so viele wie in keiner anderen Wählergruppe. Das bedeutet, wir haben auch im rechten Lager keine sehr patriotische Haltung.

In der Gen Z hat ein Viertel linksextrem gewählt, ein Viertel rechtsextrem, und in der anderen Hälfte haben auch viele Kleinstparteien gewählt. Da bleibt gar nicht mehr so viel übrig für die anderen Parteien, also das gibt Demokratie einen ganz anderen Stellenwert.


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Die Demokratie ist veraltet für die Jüngeren. Die Erstwähler haben zuletzt ungefähr 3,7 Prozent ausgemacht. Wenn CDU und SPD jetzt etwas gemacht hätten für die Jungen, was aber für die anderen zum Beispiel nicht so gut wäre, dann hätten die Parteien keinen großen Vorteil davon gehabt.