Friedrich Merz geht als klarer Sieger aus der Bundestagswahl hervor und wird Olaf Scholz als Bundeskanzler beerben. Bedingungslose Jubelarien gab es im Anschluss an die Verkündung des Ergebnisses aber nicht. Einige Unionswähler kehren dem 69-Jährigen schon jetzt den Rücken.
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Friedrich Merz und seine Union können mit dem Wahlausgang nicht vollends zufrieden sein. Man hatte auf über 30 Prozentpunkte gehofft, im Endeffekt sind es „nur“ 28,6 geworden. Der Wunsch des Zweierbündnisses geht nur deshalb auf, weil das BSW denkbar knapp an der Sperrklausel gescheitert ist. Voraussetzung ist, dass die SPD (16,4 Prozent) den Sondierungs- und möglichen Koalitionsgesprächen keine Abfuhr erteilt.
Merz: Milde Töne nach Wahlsieg
Inhaltlich war der Wahlkampf von Merz vor allem in puncto Schuldenbremse und Migrationspolitik sehr eindeutig. Erstere wollte man beibehalten und weder zugunsten der Wirtschaft noch der Verteidigung reformieren. Zweitere wollte man drastisch verschärfen und ein „faktisches Einreiseverbot“ samt dauerhafter, konsequenter Grenzkontrollen etablieren.
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Doch erste Aussagen nach dem Wahlsieg lassen vermuten, dass Merz sukzessive zurückrudert – und einige CDU-Anhänger verschaffen ihrem Unmut Luft. „Ich bin gerade maximal von Merz angepisst, er hat uns verarscht“ oder „wieder ist Merz beim Lügen ertappt worden“ ist beispielsweise auf X zu lesen.
In Sachen Schuldenbremse war für Merz klar, dass man die großen Herausforderungen des Landes in allererster Linie mit den regulären Staatsmitteln lösen müsse – und auch könne. Mehrfach verwies er auf die hohen Steuereinnahmen, die 2025 laut mehreren Prognosen knapp 982 Milliarden Euro betragen werden.
Doch einen Tag nach der Wahl kamen aus dem Konrad-Adenauer-Haus andere Töne. Man werde mit dem alten Bundestag – also mit SPD, Grünen und FDP – über eine Auflockerung der Schuldenbremse sprechen, so Merz auf einer Pressekonferenz. Diese zusätzlichen finanziellen Mittel seien demnach notwendig, um vor allem die Verteidigung garantieren zu können.
Union mit ersten Zugeständnissen an SPD?
Man möchte jetzt die Einschätzungen von SPD, Grünen und FDP hören und dann gemeinsam über eine mögliche Modifizierung entscheiden. Spannend ist, dass man das Instrument gegebenenfalls noch in der aktuellen Zusammensetzung anfassen will, also unter der rot-grünen Minderheitsregierung. Der Grund ist schnell erklärt: AfD und Linkspartei haben bei der Bundestagswahl die Sperrminorität erreicht und könnten eine Veränderung der Schuldenbremse, welche eine qualifizierte Mehrheit braucht, blockieren. Das dürfte vor allem dann der Fall sein, wenn es um mehr Geld für die Bundeswehr geht.
Auch die ersten Töne im Bereich der Migrationspolitik klingen milder. Für seinen Fünf-Punkte-Plan und dem Zustrombegrenzungsgesetz kassierte Merz viel Kritik. Unter anderem forderte er ein „faktisches Einreiseverbot“ für illegalen Asylbewerber und dauerhafte, starke Grenzkontrollen. Nun heißt es, dass es mit der Union keine Grenzschließungen geben wird. Das hätte auch im Wahlkampf niemand gefordert.
Im Netz hagelt es auch hierfür Kritik und ehrlicherweise klingt das nach Zugeständnissen an den potenziellen Koalitionspartner – die SPD. Die Sozialdemokraten wollen die Migrationspolitik zwar auch verschärfen, setzen aber in erster Linie auf mehr Migrationsabkommen mit Drittstaaten und beschleunigte Abschiebeverfahren.