Hamburg.
Der Hamburger SV läutet einen Zeitenwechsel ein.
Weg vom Protz der Vergangenheit, weg von Dino-Tradition und einstiger Noblesse, hin zur neuen Bescheidenheit. Nach zwei gescheiterten Rückkehrversuchen in die Bundesliga will sich der HSV das Selbstverständnis eines „normalen Zweitligisten“ zulegen. Alles wird kleiner, preiswerter, gewöhnlicher. Dafür soll auch die Verpflichtung von Trainer Daniel Thioune als Nachfolger von Dieter Hecking stehen.
HSV auf Augenhöhe mit Fürth und Aue
„Der HSV darf nicht nur von der Hoffnung leben. Er muss nun in der Realität ankommen“, hatte Hecking seinem Ex-Verein beim Abschied auf den Weg gegeben. Das Gerede, der Traditionsverein gehöre schon wegen seiner ehrfurchtsvollen Vergangenheit mit den angestaubten Europapokalen in der Vitrine zum Jetset des deutschen Fußballs, soll endgültig verstummen. Die Einsicht in der Führungsriege wächst: Der HSV ist ein Verein wie Greuther Fürth, der Karlsruher SC oder Erzgebirge Aue. Nicht mehr und nicht weniger.
Die finanzielle Realität nach dem Ausstieg von Hauptsponsor Emirates (1,4 Millionen Euro) und Investor Klaus-Michael Kühne, der vier Millionen Euro für die Namensrechte am Volksparkstadion zahlte, wiegt schwer. Noch bitterer sind die fehlenden Zuschauereinnahmen durch die Covid-19-Pandemie und die schmerzlich vermissten TV-Millionen wegen des verpassten Aufstiegs.
HSV mit kleinem Geldbeutel
Der HSV sitzt in der Geldfalle. Ein erneuter ernsthafter Anlauf auf die Erstklassigkeit könnte wohl nur mit seriösem finanziellem Rückhalt gewagt werden. Doch der fehlt. Der HSV schrumpft vom Dino zum Schmalhans. Sportvorstand Jonas Boldt spricht davon, den Kurs des HSV den neuen Rahmenbedingungen anpassen zu müssen. Die Zauberformel heißt nicht mehr schneller Aufstieg, sondern Entwicklung des Teams. Die Rückkehr in die Bundesliga hat der Verein damit nach hinten gerückt.
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Auf dem Transfermarkt sind bekannte und teure Profis nicht mehr Ziel der Begierde. Junge, preiswerte und hungrige Kicker sollen es richten. Vom Ziel Aufstieg will Trainer Thioune vorerst nichts hören. Es könnte auch sein: Der HSV bleibt für Jahre zweitklassig.
„Der Ist-Zustand ist gut. Das Ganze wollen wir auf eine gesunde Basis bringen mit einem Entwicklungsprozess, der vielleicht ein paar Tage länger dauert“, sagte Thioune, der Demut und Empathie zu den Kernpunkten seines Wirkens zählt. „Vielleicht sieht es für den Moment so aus, dass wir einen Schritt zurückgehen. Aber vielleicht ist es auch ein Schritt, um Anlauf zu nehmen“, formulierte der 45 Jahre alte diplomierte Sportfachwirt und Bachelor für Sport und Erziehungswissenschaften.
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Wie geduldig ist der HSV wirklich?
Ob die Langmut des Vorstandes Bestand haben wird, ob die jetzt propagierte großzügige Geduld mit Thioune tatsächlich geübt wird, muss abgewartet werden. In der Vergangenheit wurde ähnliche Vokabeln und Absichten strapaziert.
Dennoch: Die Trainer kamen und gingen im Stakkato. Wenn 57 000 Zuschauer im Volksparkstadion schon zur Halbzeit pfeifen, rücken die Vereinsbosse nervös auf den Stühlen. Da haben auch die blumigsten Pläne ein rasches Verfallsdatum – und auch die Trainer. (dhe/dpa)