Hamburg.
Einen wie Dieter Hecking vom Hamburger SV hätte Hannover 96 selber gern. Doch der 55 Jahre alte Fußball-Lehrer, der „96“ von 2006 bis 2009 betreut hat, ist nun beim Hamburger SV der Garant des Erfolges. Der Trainer-Routinier soll beim HSV schaffen, was sein unerfahrener Vorgänger Hannes Wolf verpasst hat: Die Rückkehr in die Fußball-Bundesliga.
Für die Hannoveraner, die in der Tabelle der 2. Liga vor dem Derby am Samstag 15 Punkte und zehn Ränge hinter dem Nordrivalen zurückliegen, geht es nur noch um den Klassenverbleib. Der angepeilte Aufstieg ist längst kein Thema mehr – ganz anderes als beim Tabellenzweiten HSV.
Hamburger SV: Neidische Blicke aus Hannover
Deshalb wirft Hannovers Clubchef Martin Kind bisweilen einen neidischen Blick auf den Nordrivalen. „Der HSV ist uns mehr als enteilt. Wir befinden uns nicht auf Augenhöhe“, sagte Kind der „Hamburger Morgenpost“ (Freitag). Die Verpflichtung von Dieter Hecking als Trainer halte er „für einen wegweisenden Schritt“. Eine Rückkehr des erfahrenen Fußballlehrers nach Hannover schließt er jedoch nicht aus. „Grundsätzlich stehen Dieter Hecking und ich natürlich immer in Kontakt“, sagte Kind. „Hier gibt es doch sehr gute Jobs.“
Auch Hecking selbst äußert sich wohlwollend über seinen Ex-Verein und die Stadt Hannover: „Ich komme ein Stück weit nach Hause. Ich bin gerne in Hannover, bin da seit über 20 Jahren beheimatet.“ Mit seiner Familie wohnt er in Bad Nenndorf vor den Toren der niedersächsischen Landeshauptstadt. Nicht nur Trainer war er bei den 96ern, von 1996 bis 1999 spielte er als Offensivspieler für „die Roten“. „Die Verbindung wird immer bleiben. Wenn man für den Verein gespielt hat, hat man auch einen besonderen Bezug zu ihm“, sagte Hecking.
Doch Sentimentalitäten will der Coach nicht aufkommen lassen. Jetzt will er mit dem HSV auch in Hannover gewinnen und dem Ziel Aufstieg Schritt für Schritt näherkommen. Was er sich bei seinem Amtsantritt vorgenommen hatte, ist ihm schon gelungen. „Ein bisschen Ruhe rein- und den Erfolg zurückbringen. Das sind die Hauptaugenmerke“, beschrieb er vor wenigen Monaten seine vorrangigen Aufgaben.
Der in der Bundesliga etablierte Hecking ist auch deshalb in die 2. Liga abgestiegen, weil er dort mehr Freiheiten sieht. „Das ist mir lieber als Beamtenfußball, wo ich nur verwalte. Hier kann ich gestalten“, erklärte der 55-Jährige. Wenngleich er die Grenzen der Trainertätigkeit sieht.
Dass Jürgen Klinsmann bei Hertha BSC auch wegen Kompetenzstreitigkeiten hinschmiss, sieht er als Ergebnis einer besonderen Entwicklung in Deutschland. „Die Kultur in Deutschland hat sich dahingehend nicht entwickelt. Zehn, zwölf Jahre zurück waren wir Trainer viel mehr involviert, was Transfers angeht.“ Das werde heutzutage deutlich weniger. „Das geht immer mehr über Sportdirektoren und Kaderplaner.“ Der Trainer werde weniger eingebunden, meinte der HSV-Coach.
In England funktioniere das anders als in Deutschland in Person des Managers, der zugleich Trainer ist. Diese Modell schwebte laut Hecking auch Klinsmann vor. „Ich glaube, dass der Jürgen zu schnell zu viel wollte, dass Hertha noch nicht so weit war.“
Beim HSV hat Hecking das Sagen im sportlichen Bereich, löst die komplizierten Fragen aber im Team. Mit Sportvorstand Jonas Boldt und Sportchef Michael Mutzel stimmt er sich ab, welche Spieler kommen und gehen. So besserte der HSV in der Winterpause nach und holte die Leihspieler Louis Schaub (1. FC Köln), Jordan Beyer (Borussia Mönchengladbach) und Joel Pohjanpalo (Bayer Leverkusen) – drei Glücksgriffe, die zu den drei Siegen in der Rückrunde beitrugen. Am Samstag soll laut Hecking nur zu gerne Nummer vier folgen.